Fotografieren

D.7.  FOTOGRAFIEREN  VON 
MINERALIEN

 

Das Interesse an der Mineralienfotografie hat sehr häufig
bereits vorhandene Erfahrungen im Fotografieren als Hintergrund. Es sind die üblichen
Motive, aber auch Themenstellungen, die ein  Interesse
an der Natur erkennen lassen, das bei vielen Sammlern über das Mineraliensammeln hinaus
zu beobachten ist. Damit sind i.d.R. fotografische Kenntnisse und Fertigkeiten vorhanden,
ebenso eine technische Grundausstattung. Das trifft auch auf Mitglieder der Herborner
Mineralienfreunde zu, von denen einige den Schritt zur Mineralienfotografie gemacht haben.
Bei der technischen Umsetzung dominiert im Verein die Mikrofotografie, bei der durch das
vorhandene Stereomikroskop (durch Fototubus oder durch das Okular mit Hilfe eines  Okularadapters) fotografiert wird, gegenüber der
Makrofotografie, für die ein Balgengerät/Zwischenringe und spezielle Objektive benötigt
werden.

Nach W.Stoll erzielt man bei Makrofotografie eine höhere
Tiefenschärfe. Die Vielzahl von Linsen wirkt sich negativ bei hoher Vergrößerung aus[1].
V.Betz und D.Green gehen dagegen von einer Gleichwertigkeit der beiden Verfahren im
Hinblick auf Tiefenschärfe und Auflösung  aus[2].
Gleichwohl gibt es Unterschiede in den Ergebnissen: Wegen der größeren Arbeitsabstände
und der langen Brennweiten wirken Aufnahmen, die durch das Mikroskop gemacht werden,
flacher. Makrofotografisch aufgenommene Bilder vermitteln als Folge der kürzeren
Brennweiten den Eindruck einer größeren Bildtiefe[3].

Makrofotografie

D.7.003 Makrofotografie.jpg (129734 Byte)      D.7_01.JPG (86164 Byte)
Kamera und Balgengerät sind hier waagrecht

                        
Im Vordergrund ein senkrecht montiertes Balgengerät.

angeordnet,die Stufe liegt auf einem beweglichen
                  
Am Stativ ist eine Messuhr für die Hubhöhe montiert.

Schlitten.

Mikrofotografie:

D.7_02.JPG (84229 Byte)     
D.7. 002 Mikrofotografie.JPG (98173 Byte)
Linkes Bild: Hier wird der Fototubus am Binokular genutzt.
Das Bild ist als Livebild auf einen Bildschirm
übertragen, was die
Scharfeinstellung sehr erleichtert.
Beleuchtung: LED

Rechtes Bild: Das Objekt ist auf einer drehbaren Kugel befestigt, die die
richtige Ausleuchtung der Stufe erleichtert.  Wichtiges
Hilfsmittel für die Mehrschichtenfotografie: Hubtisch, der mit einer Messuhr kombiniert
ist, deren digitale Anzeige ein bequemeres Einstellen ermöglicht als die Skala des
Tisches (rechtes Bild). Beleuchtung: Kaltlicht

Die ganze Anlage muss erschütterungsfrei aufgebaut sein. Das
gilt für den Unterbau, aber auch für das Mikroskop wie für das Stativ und die Kamera
bei Makroaufnahmen. Der Hubtisch sollte z.B. auf einer schweren Stahlplatte montiert sein.
Auch die Vibrationen der Lichtleiter dürfen sich nicht auf die Kamera übertragen.

Für welches Verfahren sich ein Fotograf entscheidet, dürfte
letztlich von den Vorerfahrungen, aber natürlich auch von den Kosten abhängen: Makro-
bzw. Lupenobjektive, Zwischenringe und/oder Balgengerät, Reprostativ, Fernauslöser sowie
eine Beleuchtungseinrichtung[4]
erfordern schon einen merklichen finanziellen Aufwand. Hinzu kommt natürlich eine
digitale Spiegelreflexkamera. Die Ausgaben können gesenkt werden, wenn die Bereitschaft
und die Fähigkeit vorhanden ist, eigene technische Lösungen zu entwickeln.
Beeindruckende Beispiele dafür finden sich in der Literatur[5].
W.Stoll hat die Kosten für die digitale Fotografie überschlagen und kommt auf 1500 bis
2000 €. Die Kamera ist in diesem Betrag enthalten, ein Computer wird vorausgesetzt[6].
Bei der Mehrschichtenfotografie kommen noch Ausgaben für einen XYZ-Tisch und evtl. eine
Messuhr dazu.

Die fotografierenden Mitglieder der Herborner
Mineralienfreunde sind dem allgemeinen Trend von der analogen zur digitalen Fotografie
gefolgt. In der Mehrzahl fotografieren sie mit einer Spiegelreflexkamera.

Die Vorteile der digitalen gegenüber der herkömmlichen
analogen Fotografie liegen auf der Hand:

Es entstehen keine zusätzlichen Kosten für Filme und
Entwicklung.

Die Ergebnisse liegen sofort vor und können in ihrer
Qualität beurteilt werden.

Nicht-optimale Bilder können nachbearbeitet werden.

Die höhere Lichtempfindlichkeit des Bildsensors
ermöglicht kürzere Belichtungszeiten und ein helleres Sucherbild.

Der automatische oder manuelle Weißabgleich erleichtert
die naturgetreue Farbwiedergabe.

Diskussionen zum Thema „Mineralienfotografie“
kreisen heute überwiegend um die digitale Mehrschichtenfotografie. Mit dieser Technik
konnte ein Problem gelöst werden, das die Mineralienfotografie erheblich erschwert hat:
die geringe Tiefenschärfe, die physikalischen Gesetzen folgend bei der  Mikrofotografie wie auch bei der Makrofotografie
als einschränkender Parameter zu berücksichtigen war. Jeder Anfänger hat bereits bei
den ersten Versuchen die Erfahrung gemacht: Je höher die Vergrößerung, desto geringer
die Tiefenschärfe, so dass häufig auch wichtige Partien eines Bildes im
Unschärfebereich blieben und Stufen nicht zufrieden stellend abgebildet werden konnten.

Nach dem digitalen Verfahren der Mehrschichtenfotografie wird
von einer Stufe nicht mehr ein Bild gemacht, sondern  i.d.R.
8 bis 30 Bilder, die im vertikalen Abstand von 0,01 – 0,2 mm aufgenommen werden. Je
stärker man vergrößert, desto mehr Bilder müssen gemacht werden. Damit sind
entsprechend viele scharfe Ebenen eines Bildes vorhanden, die von einem
Bildbearbeitungsprogramm zu einem Bild zusammengefasst werden. Voraussetzung ist, dass man
das Objektiv oder das zu fotografierende Objekt in diesen kleinen Abständen vertikal
verschieben kann. Das erreicht man dadurch, dass am Stativ/Stereomikroskop ein
entsprechender Feintrieb vorhanden ist, oder es muss ein XYZ-Tisch benutzt werden.

Bilderstapel:
Gezeigt werden hier einige Bilderstapel, mit 10-22 Bildern. Alle Bilder sind in der
Auflösung von 400 x 300 Pixel als *.gif animiert. Durch diese Bilderstapel lässt sich
gut erkennen wie die Mehrschichttechnik funktioniert.

Das erste Bild ist das berechnete Originalbild mit etwas längerer Standzeit.

Cuprit_Marie_01.gif (1851815 Byte)
Cupritbäumchen ca. 5 mm breit, Grube Marie bei Wilnsdorf. BB = 6 mm.

Langit_MARIE_01.gif (1971583 Byte)
Langit Kristall in einer Druse mit U-96 Grube Marie Wilnsdorf. BB = 3
mm

Cerussit_Marie_02.gif (996796 Byte)
Cerussit Kristall auf Limonit, Grube Marie bei Wilnsdorf. BB = ca. 2,5 mm

Caledonit_Marie_01.gif (1458069 Byte)
Caledonit Kristalle in Quarzdruse, Grube Marie bei Wilnsdorf. BB = ca. 2,5 mm

Alle Aufnahmen über den Okularstutzen des Binokulars mit Olympus Camedia 5050
(obige Fotos und Animationen F.Pfeiffer)

Pyrit_Schilling.gif (1212911 Byte)
Pyrit 4 cm: Aufnahme animiert mit 10 Schichtfotos.   (Fotos
und Animation Klaus Schilling)

Aufnahme nur mit der Camera durch verstellen der Schärfeebene über den Rechner BB
ca. 5 cm.

Die Programme, mit denen die Bilderstapel zu einem Bild verarbeitet werden,
können aus dem Internet herunter geladen werden:

Combine ZM und ZP[7]         Kostenloses
Programm

Helicon Focus
                    
4 Wochen DEMO und Kaufprogramm

Aus dem Internet kann für die Zeit von 4 Wochen eine
kostenlose Demonstrationsversion herunter geladen
werden. Wenn das Programm nach diesem Zeitraum weiter uneingeschränkt genutzt werden soll, muss es gekauft werden.
Der Preis liegt bei ca. 100 – 200 € je nach Versionswahl.

Die Leistungsfähigkeit beider Programme einschließlich
möglicher Probleme wird im Internet diskutiert.

Die Herborner Fotografen benutzen ausschließlich Helicon
Focus. Damit entfällt ein direkter Vergleich zwischen beiden Programmen. Dem steht jedoch
als Vorteil ein Erfahrungsaustausch zu Helicon Focus gegenüber. Erfahrungen der Kollegen
können unmittelbar für die eigene Praxis übernommen werden.

Andere Aspekte der Mineralienfotografie treten bei der
digitalen Mehrschichtenfotografie in der gleichen Weise auf wie bei der herkömmlichen
analogen Fotografie und können zum Problem werden.

Von größter Bedeutung ist die Motivauswahl, d.h. die
Entscheidung, ob eine Stufe „fotogen“ ist, also überhaupt fotografiert werden
soll. Hier gilt, dass man leichter zu besseren Ergebnissen kommt, wenn man  einzelne Kristalle und abgegrenzte Kristallgruppen
auswählt, als ein  „kristallines
Kopfsteinpflaster“[8]
zu fotografieren.

Größte Aufmerksamkeit erfordert das Licht. Bei allen
Aufnahmen wird Kunstlicht verwendet, so dass zum einen die Farbwiedergabe zum Problem
werden kann. Erzielt der automatische Weißabgleich der Kamera keine naturgetreuen Farben,
müssen Versuche mit dem manuellen Abgleich nach den Angaben des Kameraherstellers gemacht
werden. In jedem Fall zu vermeiden ist Mischlicht, indem Licht unterschiedlicher
Farbtemperatur aus verschiedenen Lichtquellen benutzt wird.

Zum anderen hängt die Bildqualität entscheidend ab von der
Lichtführung und damit von der Ausleuchtung einer Stufe. Besondere Anforderungen stellen
transparente Kristalle, deren Flächen und Winkel bei einer falschen Lichtführung durch
überstrahlende Reflexe nicht zur Wirkung kommen. Deshalb ist die Montage der Stufe auf
einem Kugelgelenk unverzichtbar, um den Winkel des Lichteinfalls zusätzlich zu den
beweglichen Schwanenhälsen verändern zu können. Um störende Lichtreflexe zu beseitigen
oder mindestens abzuschwächen, empfiehlt es sich, zwischen Lichtquelle und dem Kristall
Transparentpapier anzubringen, so dass das Licht diffus wird. Es darf jedoch nur Papier
verwendet werden, das keinen Farbstich ins Bild bringt. Gelegentlich ist es auch
erforderlich, Reflektoren aufzustellen, die das Licht zusätzlich brechen, dunkle Partien
der Stufe aufhellen und so auch die Gegensätze zwischen Schatten und  Lichtern im Bild abmildern.

Ein Anfänger sollte seine ersten Versuche zur Ausleuchtung
an relativ großen Stufen und damit bei geringer Vergrößerung durchführen, weil hierbei
der Arbeitsabstand größer und die Lichtführung durch die Schwanenhälse leichter zu
verändern ist.

Zur Bildgestaltung gehört auch, dass man den Bildhintergrund
berücksichtigt. Auch hierzu werden vor allem von R.Wölki Vorschläge gemacht[9].

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Mineralienfotografie
sehr viel Geduld und Übung erfordert. Um sich die notwendige Erfahrung zu erwerben,
empfiehlt es sich, Notizen über Einzelheiten der Aufnahmen schriftlich festzuhalten und
dann systematisch einzelne Werte zu verändern und die Veränderungen im Bild zu
vergleichen. In der gleichen Weise können die Standardeinstellungen des Bildprogramms
verändert werden. Solche Versuche können fast unbegrenzt gemacht werden, denn sie
führen bei der Digitalfotografie nicht mehr zu höheren Kosten.

Die Versuche müssen nicht „blind“ gemacht werden,
sondern umfassende Informationen, Hinweise und Anregungen finden sich in den folgenden
Veröffentlichungen:

Baumgärtl,U.
Praxis der digitalen Mineralienfotografie,
Teil 1  Mineralienwelt 19, 2008 H.6, S. 52-59

Teil 2  Mineralienwelt 20, 2009 H.1, S. 28-30

 

Betz,V./Green,D.      

Digitale Kombinationsfotografie.
Lapis 32, 2007 H.9, S.22-32

 

Schaller,W.
Mineralien im Mikrobereich fotografieren.

Hrsg. v. Verein der Freunde von Mineralien und Bergbau Oberwolfach. 2000

 

Stoll,W.
Mehrebenen-Digitalfotografie für Micromounter.
Lapis 30 2005, H.10, S. 24-28

 

Wölki,R.
Praktische Mineralienfotografie für Sammler.
Teil 1: Lapis 29, 2004 H.5, S. 25-29
Teil 2: Lapis 29, 2004 H. 7/8, S. 65-69

Teil 3: Lapis 29, 2004 H.11, S. 24-28
Teil 4: Lapis 30, 2005 H.3, S. 37-42  

Zum Abschluss noch ein Hinweis auf ein
„klassisches“ Lehrbuch eines der bekanntesten und besten Mineralienfotografen:
Scovil, Jeffrey

Photographing Minerals, Fossils & Lapidary Materials.

Geoscience Press Inc. Tucson Arizona 1996, ISBN 0-945005-21-0

 

Jeff Scovil Buch.jpg (167357 Byte)              
C.3._104.JPG (163810 Byte)

J.Scovil auf dem Grillfest der Herborner Mineralienfreunde am
08.07.2006 in Waldgirmes. Jeffrey
Scovil

Die meisterhaften Aufnahmen in diesem Buch werden beim
Betrachter Staunen und Bewunderung hervorrufen. Sie können aber nicht als Messlatte für
die eigenen Ergebnisse genommen werden.  Es
darf nicht vergessen werden, dass es sich um einen Profi handelt, der natürlich über
einen besonderen Blick auf Mineralien verfügt und diesen auch fotografisch umzusetzen
weiß. Dazu gehört bei vielen Spitzenfotografen eine qualitativ hochwertige (und teure)
Ausrüstung, die sich der durchschnittliche Sammler nicht leisten kann. Hinzu kommt, dass
nur ausgesuchte Stufen fotografiert werden, während ein Sammler i.d.R. seine eigenen,
häufig unvollkommenen  Stufen zur Verfügung
hat.

Wenn man selbst fotografiert, ist der Blick auf solche Bilder
– das gilt auch für die vielen erstklassigen Fotos in den Sammlerzeitschriften
– ein anderer. Man fragt sich beim Betrachten u.a., wie die Stufe ausgeleuchtet
wurde, wie Lichter und Schatten gesetzt sind, welche Bilddetails wichtig sind, worauf es
dem Fotografen insgesamt ankam. Wenn man solche Fragen aus dem Bild heraus beantworten
kann, ist es möglich, von diesen Bildern und ihren Fotografen zu lernen und die eigene
Praxis allmählich  zu verbessern

 

[1]
Stoll,W., Digitalbilder von Micromounts. Lapis 28, 2003 H. 2, S.40

[2]

Betz,V./Green,D., Digitale Kombinationsfotografie. Lapis 32, 2007 H. 9, S.32

[3]
Ebenda S. 23

[4]
Die Ausrüstung ist zusammengestellt bei U.Baumgärtl, Praxis der digitalen
Mineralienfotografie Teil 1,
    Mineralienwelt 19, 2008 H.6, S. 57

[5]
Vgl. Baumgärtl,U. Praxis der digitalen Mineralienfotografie. Teil 2, Mineralienwelt 20,
2009 H.1, S 30;
    Wölki,R., Praktische Mineralienfotografie für Sammler (IV). Lapis 30,
2005 H. 3, S. 39, 41; Stoll,W.,
    Mehrebenen-Digitalfotografie für Micromounter. In: Lapis 30, 2005 H.
10, S. 25

[6]

Ebenda  S. 26-28

[7]
Die erste, noch erhältliche Version heißt Combine Z5. Inzwischen gibt es die
Weiterentwicklungen
   Combine ZM und Combine ZP. Insofern ist der Artikel von Hajek,W.,
Mineralienfotografie mit der
   Mehrebenen-Software Combine Z5.3., Lapis 31, 2006, H.6 S.76-77, nicht mehr
auf dem neuesten Stand.

[8]
Baumgärtl,U., Praxis der digitalen Mineralienfotografie, Teil 1 a.a.O.  S.53

[9]
Vgl. z.B.  Wölki,R., Praktische
Mineralienfotografie für Sammler (1), Lapis 29, 2004 H. 5, S. 27